Kann die lange Standzeit eines Fahrzeuges einen Mangel und damit Gewährleistungsrechte begründen ?
Der Kauf eines Neufahrzeuges ist genau wie der Kauf eines gebrauchten Fahrzeuges nicht immer leicht, da neben der Entscheidung was für ein Fahrzeug man erwerben will, die Erwartungen an deren Ausstattung/Beschaffenheit beim Käufer oftmals schon genau bestimmt ist. Sodann wird sich auf die Suche begeben und auf deren Grundlage nach einem geeigneten Fahrzeug gesucht, welches natürlich auch preislich in das Haushaltsbudget passen muss.
Beim Kauf können Probleme auftreten, welche z.B. dem Umstand geschuldet sind, dass die erworbene Sache hinter der Käufererwartung zurück bleibt und man letztendlich darüber streitet, ob der Käufer (deswegen) die Möglichkeit hat, (Gewährleistungs-) Ansprüche gegen den Verkäufer geltend zu machen.
Beispielgebend hierfür ist die Käufererwartung bei der Anpreisung der Kaufsache als "Neuwagen" oder gar „Vorführwagen“. Zu diesem Problemkreis gibt es nunmehr neuere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH), welche Rechtssicherheit schaffen.
Im Urteil des BGH vom 10.03.2009 Akz.: VIII ZR 34/08 begehrte der Kläger (Käufer) von dem Beklagten (Verkäufer) Schadensersatz nach erfolgten Rücktritt vom Vertrag über einen gebrauchten Pkw, welcher mangelhaft gewesen sei, da er über 19 Monate zuvor nicht zum Straßenverkehr zugelassen gewesen ist und daher wegen dieser langen Standzeit bereits mangelhaft sei. Da keine konkrete Beschaffenheit zwischen den Parteien vereinbart wurde, musste dass Gericht letztendlich darüber entscheiden, ob das Fahrzeug sich für die gewöhnliche Verwendung trotz der langen Standzeit eignete, was es bejahte und sodann die Frage klären, ob das Fahrzeug eine Beschaffenheit aufweist, welche bei Sachen der gleichen Art nicht üblich ist. Die lange Standzeit als solches stellt nach Ansicht des Gerichts bei Gebrauchtwagen keinen Mangel dar, solange hierdurch kein Mangel am Fahrzeug entstanden ist, welcher auf die Standzeit zurückzuführen ist. Erst wenn durch die lange Standzeit Mängel entstanden sind, welche gleichartige Fahrzeuge ohne entsprechende Standzeiten üblicherweise nicht aufweisen, kann von einem Mangel ausgegangen werden, was im vorliegen Fall nicht gegeben gewesen ist.
Anders ist jedoch zu entscheiden, wenn ein Neuwagen („fabrikneu“) verkauft wird, dann stellt bereits die lange Standzeit als Solches von mehr als 12 Monaten seit seiner Erstzulassung einen Mangel dar, ohne dass es auf konkrete auf die Standzeit beruhende Schäden am Fahrzeug ankommt (BGH VIII ZR 227/02).
Soweit ein (gebrauchtes) Fahrzeug als „Vorführwagen“ verkauft wird und sich im Nachhinein herausstellt, dass es schon mehrere Jahre alt ist, hat der BGH nunmehr in einer aktuellen Entscheidung vom 15.09.2010, Akz.: VIII ZR 61/09, entschieden, dass dieser Umstand allein kein Mangel darstellt, soweit nicht besondere Umstände des Einzelfalls dies rechtfertigen.
Aufgrund der vielfältig auftretenden Probleme im Zusammenhang mit dem Abschluss von Kaufverträgen, bei welchen aufgrund der Mangelhaftigkeit der Kaufsache Rechte gegen den Verkäufer bestehen, sollte bei Streitigkeiten mit seinem Vertragspartner fachkundiger Rat in Anspruch genommen werden, um letztendlich auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung zu seinem Recht zu gelangen.